Güter grenzüberschreitend in die Europäische Union transportieren: Seit 2022 müssen Transportunternehmen über eine EU-Lizenz verfügen, um Waren für gewerbliche Zwecke über die Landesgrenzen zu befördern. Gleichzeitig gilt die Gemeinschaftslizenz auch für den landesinneren Güterverkehr.
Doch was hat es mit der Lizenzpflicht auf sich? Wie lange und wo gilt diese konkret, wie beantragen Interessierte eine EU-Lizenz und wie viel kostet die Ausstellung der Erlaubnis im Durchschnitt? Wir liefern Antworten auf diese Fragen!
Geltungsbereich und Gültigkeit der EU-Lizenz
Innerhalb Europas dürfen seit Mai 2022 keine Güter zu gewerblichen Zwecken die Grenzen passieren, ohne dass der Fahrer des Transporters über eine gültige EU-Gemeinschaftslizenz nach Artikel 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 verfügt.
Doch wo gelten die Lizenzen und wie lange sind diese gültig? Die Gemeinschaftslizenzen beziehen sich auf den Raum der EU-/EWR-Staaten. Island, Norwegen und Liechtenstein sind demnach inbegriffen. Lieferungen nach Großbritannien unterliegen einem separaten Handelsabkommen mit der EU. Darüber hinaus gilt die EU-Lizenz auch für die Schweiz.
Innerhalb dieses EU-/EWR-Gebiets darf der gewerblich grenzüberschreitende Güterkraftverkehr realisiert werden, wenn das Transportunternehmen im Vorfeld einen Antrag bei der Verkehrsbehörde gestellt hat und die Lizenz ausgehändigt wurde. Gültig ist diese dann für die nächsten 10 Jahre ab dem Ausstellungsdatum.
Änderungen ab Mai 2022
Ab dem 21. Mai 2022 ist der grenzüberschreitende Güter- und Kabotageverkehr ausschließlich mit einer EU-Gemeinschaftslizenz, auch EU-Transportlizenz genannt, realisierbar. Die Basis für die Änderung bildet die ab dem 21. Februar 2022 gültige Anpassung der Marktzugangs- und Berufszugangsverordnung.
Sie besagt, dass auch Kleintransporte und Zugfahrzeug-Anhänger-Kombinationen ab einer Masse von 2,5 Tonnen über eine in der Europäischen Union gültige Lizenz verfügen müssen. Dies kann sowohl Lkw als auch Pkw betreffen.
EU-Lizenz für Güterverkehr beantragen
Eine EU-Gemeinschaftslizenz zu beantragen, kann sich trotz der durch die Genehmigungsbehörde ausgestellte Checkliste als herausfordernd erweisen. Schließlich müssen Dokumente gesammelt, Auskünfte beantragt, die Prüfung bei der Industrie- und Handelskammer abgeschlossen und die Bearbeitungsfrist durch die zuständige Verkehrsbehörde abgewartet werden.
Involviert sind in der Regel die Landratsämter und die Straßenverkehrsämter. Der Erwerb der EU-Lizenz für den Güterkraftverkehr ohne Prüfung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Antragsteller sollten darauf achten, dass alle Nachweise gültig sind. Außerdem dürfen die Ausstellung des Führungszeugnisses und die Auskunft aus dem Gewerbezentralregister nicht länger als drei Monate zurückliegen.
Ein Tipp: Wer seinen Lizenz-Antrag drei bis vier Wochen vor dem IHK-Prüfungstermin stellt, spart sich wertvolle Zeit. Endgültig entscheidet das Amt dabei erst nach Erhalt des IHK-Fachkundenachweises über die Eignung. Sie bildet die “letzte fehlende Unterlage”.
Verfügt die Behörde jedoch bis zu diesem Zeitpunkt über alle anderen Dokumente, kann der IHK-Abschluss schnell nachgereicht und die Lizenz-Ausstellung beschleunigt werden.
Niederlassung
Um Briefkastenfirmen zu vermeiden, müssen Betriebe ihre Niederlassung nachweisen. An diesem Ort müssen Originale jederzeit einsehbar sein. Dabei kann es sich zum Beispiel um Einsichten in Arbeitsverträge, Sozialversicherungsunterlagen, Beförderungsverträge oder die Buchführung handeln.
Aber auch Einsatzpläne, die die Entsendung der Fahrer beinhalten, sowie Aufzeichnungen über Ruhezeiten oder Kabotage sollten zugänglich sein. Weiterhin dürfen entsandte Fahrzeuge maximal acht Wochen lang im Ausland verweilen. Nach Ablauf der Frist müssen die Fahrer die Betriebsstätte in Deutschland aufsuchen.
Fachliche Eignung
Transportunternehmen müssen nachweisen, dass mindestens eine Person im Unternehmen über die fachliche Eignung zur Unternehmensführung im Bereich des gewerblichen Güterkraftverkehrs verfügt. Diese Person wird namentlich genannt und bei der Beschäftigungsbehörde eingetragen.
Dafür ist ein Nachweis über die Eignung erforderlich. Diesen stellt die örtliche Industrie- und Handelskammer nach dem Bestehen der Fachkundeprüfung aus. Alternativ kann ein Studium oder eine Berufsausbildung die IHK-Prüfung ersetzen.
Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass sich Arbeitnehmer, die mindestens zehn Jahre lang Erfahrung in einer leitenden Tätigkeit innerhalb eines Güterkraftverkehrsunternehmens gesammelt haben, ihre Berufserfahrung anerkennen lassen.
Eine Prüfung durch die IHK entfällt, wenn diese Tätigkeit vor dem Dezember 2009 bestand. In diesem Fall muss die Beschäftigung durch die örtliche IHK anerkannt werden.
Finanzielle Leistungsfähigkeit
Eine EU-Lizenz wird ausschließlich ausgestellt, wenn das Transportunternehmen über eine ausreichende Liquidität verfügt. Das bedeutet, dass ein Eigenkapital plus Reserven zur Verfügung stehen und nachgewiesen werden müssen. Der Nachweis erfolgt über die Bank. Die Bemessungsgrundlage bildet die Anzahl an Kraftfahrzeugen, die für den Einsatz vorgesehen sind.
Dabei greifen die folgenden Regelungen für Fahrzeuge mit einem Gewicht von über 3,5 Tonnen:
- 1. Kraftfahrzeug: Eigenkapital von 9.000 Euro.
- Jedes weitere Fahrzeug: Eigenkapital von 5.000 Euro.
Die Regelung gilt auch in Bezug auf gemietete Fahrzeuge.
Anders ist es bei Unternehmen, die leichtere Fahrzeuge einsetzen. Bei Kraftfahrzeugen mit einer Gesamtmasse unter 3,5 Tonnen (aber mehr als 2,5 Tonnen) gilt Folgendes:
- 1. Fahrzeug: Eigenkapital in Höhe von 1.800 Euro
- Jedes weitere Fahrzeug: Eigenkapital in Höhe von 900 Euro
Persönliche Zuverlässigkeit
Die örtliche Verkehrsbehörde fordert zudem einen Nachweis über die persönliche Zuverlässigkeit ein. Diese wird vom Unternehmer sowie vom Verkehrsleiter eingereicht. Doch was beinhaltet der Nachweis? Bestandteile sind Registerauszüge aus dem Fahreignungsregister, dem Gewerbezentralregister und dem Bundeszentralregister.
Weiterhin werden EU-Register und nationale Register benötigt, die die Behörde eigenständig abfragt. Ein Beispiel ist die Verkehrsunternehmerdatei beim Bundesamt für Güterverkehr.
Ergibt die Recherche, dass in der Vergangenheit Ordnungswidrigkeiten begangen wurden oder Straftaten vorliegen, ist die persönliche Zuverlässigkeit nicht gewährleistet. In einem solchen Fall kann dem Fahrer die persönliche Zuverlässigkeit aberkannt und somit ein Berufsverbot ausgesprochen werden.
Anfallende Kosten
Im Rahmen der Lizenzerteilung entstehen Kosten, die je nach Gemeinde oder Stadt unterschiedlich hoch ausfallen können. In der Regel ist mit Kosten zwischen 250 und 700 Euro zu rechnen.
Dabei gilt: Die Bearbeitung erfolgt häufig innerhalb von 2 bis 3 Monaten. Wer eine beglaubigte Kopie der Lizenz-Urkunde benötigt oder einen Ersatz ausstellen lassen möchte, zahlt im Durchschnitt zwischen 55 und 75 Euro.
EU-Lizenz mieten
Dürfen Fahrer eine EU-Lizenz mieten? Eine EU-Lizenz darf weder verliehen noch vermietet werden. Beide Vorgehen sind rechtswidrig. Der Grund: Die Lizenz wird laut Aussage des Bundesamtes für Güterverkehr auf einen spezifischen Inhaber ausgestellt und ist ausschließlich für diesen gültig. Zudem ist es untersagt, dass Transportunternehmen eine EU-Lizenz für den Güterkraftverkehr kaufen.
Wer dennoch mit einer gemieteten oder geliehenen Lizenz unterwegs ist, muss mit einer Strafe bis zu 600 Euro rechnen. Darüber hinaus wird die örtliche Verkehrsbehörde informiert, die über einen möglichen Ausschluss vom gewerblichen Güterverkehr entscheidet.